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Sägepalmfrüchte - Sabal serrulatae fructus
[Ph. Eur. 5. Ausgabe, Grundwerk 2005]

Stammpflanzen: Serenoa repens (W. BARTRAM) SMALL / Sägepalme [Fam. Arecaceae / Palmen]. Synonyme: Chamaerops serrulata MICHX., Corypha repens W. BARTRAM, Sabal dealbata hort. ex L. H. BAILEY, Sabal serrulata (MICHX.) NUTT. ex SCHULT. & SCHULT. f., Serenoa serrulata (MICHX.) G. NICHOLSON. Dt. Synonyme: Sägezahnpalme, Zwergpalme. Englisch: Saw palmetto, scrub-palmetto.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Kleinwüchsige Palme mit einem im Erdboden kriechenden Wurzelstock, dem zum Teil dicht gedrängt mehrere kräftige Stämme entspringen, die verzweigt sein können und oft am Boden entlang kriechen. Stämme zunächst mit rötlich-braunen Blattresten besetzt, mit höherem Alter jedoch mit zunehmend glatter Oberfläche. Blätter (palmentypisch) in einem 18- bis 25-blättrigen Blattschopf stern- oder fächerförmig angeordnet, im Umriss rundlich, blau- bis gelbgrün gefärbt und fingerförmig gespalten. Blattsegmente bis 1 m lang, lanzenförmig und scharf gesägt, bedeckt mit einer dünnen Wachsschicht, an jungen Blättern zuweilen noch an den Seiten zusammenhängend. Blattstiel bis 1,5 m lang, mit deutlicher Mittelrippe, bewehrt mit feinen Zähnen an den Kanten. Blüten klein, weiß bis hell cremefarben und daher recht unscheinbar, Durchmesser etwa 4 mm, zwittrig, dreizählig, Blütenhülle doppelt, Staubblätter 3+3, Fruchtblätter 3, von denen sich nur 1 zur Frucht entwickelt, lokalisiert an locker verzweigten, bogig aufrechten Blütenständen, die in den Blattachseln entspringen und so lang wie die Blätter sein können. Eiförmige, dunkelblau gefärbte, fleischige Steinfrüchte, Durchmesser 1 bis 2 cm, Länge bis 3 cm, im Herbst zur Reife gelangend und bis in den Winter an der Pflanze verbleibend. Samen braun gefärbt, eiförmig, mit knöchernem Endosperm. Blütezeit im Frühsommer.

Verbreitung: Südosten der USA: S-Carolina bis Florida Keys, westlich bis Süd-Alabama, SO-Georgia, SO-Louisiana und S-Mississippi. Die in deutschsprachigen Quellen zuweilen genannten Vorkommen in Mexiko und im tropischen Mittel- und S-Amerika sind anzuzweifeln [Verwechslungen mit anderen Serenoa-Arten wie S. mexicana (Mexiko, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua) oder S. mauritiiformis (Mexiko bis Venezuela und Trinidad)?]. Bevorzugt anzutreffen auf sandigen Böden in Dünen und Kiefernwäldern.

Droge: Die reifen, getrockneten Früchte, die bezogen auf die getrocknete Droge einen Mindestgehalt an Gesamtfettsäuren von 11,0 Prozent aufweisen.

Beschreibung der Droge: Länge 2-3 cm, Breite 1-2 cm. Rundlich bis eiförmig. Farbe braun-schwarz, Oberfläche matt bis schwach glänzend, grobfaltig bis runzelig, kleinen getrockneten Pflaumen sehr ähnlich sehend. Fruchtfleisch braun. Samen steinhart, unregelmäßig kugelig bis eiförmig, bis 12 mm lang und ca. 8 mm dick, außen braun und innen weiß, Hilum in der Nähe der Basis.

Geruch und Geschmack: Geruch aromatisch, kräftig und unangenehm, jedoch nicht ranzig. Geschmack aromatisch, bei frischen Früchten süßlich, bei länger gelagerten unangenehm bis seifig-ranzig.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Sabalfrucht, Zwergpalmenfrucht. Englisch: Saw palmetto, Saw-palmetto berries. Lateinisch: Fructus Sabal, Fructus Sabalis, Fructus Serenaeae, Serenoae repentis Fructus.

Herkunft: Sammlung aus Wildbeständen in den USA.

Inhaltsstoffe: Reichlich Fettes Öl (Palmettoöl, charakteristisch orangerot gefärbt), bestehend zu ca. 80 % aus Laurin- (12:0), Myristicin- (14:0) und Ölsäure (18:1), davon etwa 65 % in ungebundener Form, und zahlreichen Phytosterolen, bei denen es sich fast ausschließlich um ß-Sitosterol, Sitosterol-Glucosid und Sitosterol-Fettsäureester handelt. Sitosterolglucosid oft auch mit einer Fettsäure in Position 6 der Glucose verestert [z. B. mit Caprinsäure (10:0), Laurinsäure (12:0) und Myristinsäure (14:0)]. Weitere Komponenten: Flavonoide [Isoquercitrin (Quercetin-3-O-glucosid), Kämpferol-3-O-ß-D-glucosid und Rhoifolin], neutrale und saure Heteropolysaccharide mit Galactose, Arabinose und Uronsäuren als Monosaccharidbausteinen und Carotinoide.

Wirkungen: Antiandrogen (Hexan-Extrakt) und antiexsudativ (wässriger Extrakt). Die antiandrogene Wirkung beruht auf einer Hemmung des Enzyms 5-a-Reduktase. Dieses katalysiert die Umwandlung (Reduktion) von Testosteron zu Dihydrotestosteron (DHT). Erhöhte Spiegel von DHT gelten als eine Ursache der Prostatavergrößerung. Aus dieser Wirkung resultiert eine Reduktion der Beschwerden beim Harnlassen, eine Senkung der Restharnmenge und eine Erhöhung des Harnflusses. Der Wirkungsmechanismus der antiexsudativen Wirkung besteht vermutlich in einer Hemmung der Enzyme Cyclooxygenase und Lipoxygenase, was eine verminderte Bildung von Prostaglandinen und Leukotrienen zur Folge hat.
Die Wirksamkeit von Sabalextrakten bei benigner Prostatahyperplasie (BPH) ist durch zahlreiche pharmakologische Untersuchungen und klinische Studien gut belegt. Positive klinische Effekte sind für die meisten Symptome der BPH erwiesen. Hierzu zählen die Reduktion des Restharnvolumens, die Zunahme des Miktionsvolumens und des Harnflusses und eine Abnahme der Nykturiefrequenz.
Zur Bewertung des Therapieerfolgs wird in neueren internationalen Studien in der Regel der Internationale Prostata Symptom Wert (International Prostate Symptom Score; IPSS) herangezogen. So bewirkte in einer über einen Zeitraum von 12 Monaten an 704 Männern mit einem IPSS größer gleich 10 durchgeführten Studie ein Sabalpräparat eine Verminderung des IPSS um 4,4 Punkte. In einer weiteren aktuellen Studie, an der 85 Männer im Alter ab 45 Jahren mit einem IPSS größer gleich 8 teilnahmen, konnte nach sechsmonatiger Gabe eines standardisierten Sabalfrüchteextraktes eine Senkung des IPSS von durchschnittlich 16,7 auf 12,3 beobachtet werden (Placebogruppe: 15,8 auf 13,6).
Anwendungsgebiete: Miktionsbeschwerden bei benigner Prostatahyperplasie (BPH), Stadium I bis II. Hinweis: Sabalfrüchte führen nicht zu einer Verkleinerung der Prostata sondern lediglich zu einer Besserung der Beschwerden bei einer vergrößerten Prostata. Daher sind regelmäßige Arztbesuche unerlässlich.

Volkstümliche Anwendungsgebiete: Auch in der Volkheilkunde überwiegend Nutzung zur Behandlung von Erkrankungen der Prostata. Außerdem bei Blasen- und Hodenentzündungen, Blasenkatarrh, Bettnässen, Brustdrüsenentzündungen und bei Ekzemen. Neben Auszügen aus der Droge auch Verwendung des aus den Früchten gewonnenen Öls, insbesondere als Tonikum, als harntreibendes Mittel, bei Katarrhen der Atemwege und als Beruhigungsmittel, ferner zur Vergrößerung der Brüste bei Frauen. Die Wirksamkeit bei diesen Anwendungsgebieten ist nicht belegt.

Gegenanzeigen: Keine bekannt.
Unerwünschte Wirkungen: Bei empfindlichen Personen in seltenen Fällen Magenbeschwerden.
Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Tagesdosis zur Behandlung der BPH soweit nicht anders verordnet 1-2 g Droge oder 320 mg mit lipophilen Lösungsmitteln (z. B. 90 % Ethanol) extrahierbare Bestandteile. Die wirksamen Bestandteile von Sabal sind wasserunlöslich. Daher sind aus der Droge hergestellte Tees wirkungslos. Anwendung daher nur in Form von Phytopharmaka, die unter definierten Bedingungen hergestellte und kontrollierte lipophile Extrakte der Droge enthalten.

Wissenswertes: Der mit verdünntem Alkohol hergestellte Auszug besitzt einen Geruch, der stark an Weinbeeröl erinnert. Bei Zusatz dieses Auszuges zu Weinbrand bzw. Cognag wird ein erheblich höherer Anteil der wertvollen Riechstoffe vorgetäuscht. Diese missbräuchliche Verwendungsmöglichkeit ist allerdings gesetzlich verboten.

Literatur: Europäisches Arzneibuch, 5. Ausgabe, Grundwerk 2005; USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN). [Online Database] National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Available: http://www.ars-grin.gov/cgi-bin/npgs/html/taxon.pl?103108 (14 October 2003); Flora of North America Editorial Committee, eds. 1993+. Flora of North America North of Mexico. 7+ vols. New York and Oxford; Dendrology at Virginia Tech, http://www.cnr.vt.edu/dendro/dendrology/main.htm; J. Seidemann, Die Sägezahnpalme, Serenoa repens (BARTR.) SMALL, eine Arzneipflanze mit langer Tradition, Drogenreport Jg. 16 (2003), Heft 29, 20-23; D. J. Brown, Saw Palmetto Extract Effectively Manages Lower Urinary Tract Symptoms in Men, HerbalGram 56 (2002): 25-26; D. J. Brown, Saw Palmetto Extract Treats BPH as Effectively as Tamsulosin in 1-Year Clinical Trial, HerbalGram 58 (2003): 20-21; Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York; M. Wichtl (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2002; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 43 vom 02.03.1989 (Berichtigung 01.02.1993).


© Thomas Schöpke