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Hamamelisrinde - Hamamelidis cortex [DAC 2004]

Stammpflanze: Hamamelis virginiana L. / Hamamelis [Fam. Hamamelidaceae / Hamamelisgewächse]. Synonyme: Alternative Bezeichnungen sind heute sowohl in der wissenschaftlichen als auch der Laienliteratur nicht mehr anzutreffen. Daher findet man Namen wie z. B. Hamamelis caroliniana WALT., Hamamelis dentata MOENCH, Hamamelis macrophylla PURSH, Hamamelis nigra RAF., Hamamelis virginica L. und Trilopus dentata RAF. nur in älteren, fast ausschließlich aus der Zeit vor 1900 stammenden Schriften. Dt. Synonyme: Hexenhasel, Virginische Zaubernuss, Virginischer Zauberstrauch, Zauberhasel, Zaubernuss, Zauberstrauch. Englisch: Magicians rod, pistachio nut, snapping hazelnut, spotted alderstriped alder, winter bloom, witch hazel, witch-hazel.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Von September bis Dezember, kurz vor oder nach dem Laubfall blühender Strauch oder kleiner Baum, dessen Höhe im Durchschnitt bis 3 m reicht (maximal bis 10m). Der Durchmesser des Stamms beträgt bis 40 cm, die Rinde ist dünn, außen braun und innen rötlich. Die älteren Zweige sind stark buschig verästelt, silbergrau bis graubraun gefärbt und durch Lentizellen gekennzeichnet, die jüngeren Zweige gelblichbraun und mit braunen Sternhaaren versehen. Die wechselständig angeordneten, kurz gestielten Blätter sind verkehrt-eiförmig bis rhombisch, 8 bis 15 cm lang, 7 bis 11 cm breit und häufig durch unten in ungleicher Höhe endende Hälften der Blattspreite gekennzeichnet. Der Blattrand ist grob gekerbt, stumpf buchtig gezähnt bis ungleichmäßig wellig geschweift. Besonders auf der Blattunterseite tritt ein starker Mittelnerv und 5 bis 7 Paar Seitennerven hervor, die bis in die Zähne des Blattrandes verlaufen. Blütenstände kurz gestielt und aus etwa 5 bis 8 radiärsymmetrischen, 4zähligen Blüten bestehend. Kelchblätter klein, eiförmig oder dreieckig, nach außen gebogen, innen gelbbraun bis braun. Kronblätter leuchtend gelb, auffallend lang, 1 bis maximal 2 cm, schmal-linealisch. Staubblätter in 2 Wirteln, äußere Staubblätter zwischen den Kronblättern stehend, fruchtbar, mit fast kugeligem Staubbeutel, innere Staubblätter unfruchtbar und zungenförmig. Fruchtknoten zottig behaart, aus zwei verwachsen Fruchtblättern bestehend, mit zwei langen, an der Spitze etwas nach außen gebogen Griffeln. Kapselfrucht 12 bis 15 mm lang, dicht behaart, holzig, eiförmig, mit 2 Hörnchen an der Spitze.

Verbreitung: Laubwälder der atlantischen Staaten der USA, vom südlichen Kanada bis Texas und Nordflorida, westlich bis Wisconsin, Nebraska und Missouri. Bereits im Jahr 1736 wurde Hamamelis nach Englang eingeführt und wird seitdem dort sowie später auch in anderen europäischen Ländern als Garten- und Parkpflanze gepflanzt.

Droge: Die getrocknete, zerkleinerte Rinde der Stämme und Zweige von Hamamelis virginiana L, die bezogen auf die getrocknete Droge einen Mindestgehalt an mit Hautpulver fällbaren Gerbstoffen von 4,0 Prozent aufweisen, berechnet als Pyrogallol.

Beschreibung der Droge: Die Rindenstücke sind unterschiedlich lang, 1 bis 3 cm breit und bis 2 mm dick, rinnenförmig gebogen oder seltener röhrig eingerollt. Auf der Außenseite befindet sich eine dünne, weißliche oder graubraune Korkschicht mit zahlreichen Lentizellen, unter der sich die hellbraune oder rötlich braune Rinde befindet. Die Innenseite der Droge ist gelblichbraun oder rötlich und längs gestreift. An den Querbruchstellen ist bei Betrachtung unter der Lupe in der äußeren Hälfte eine hellere Zone zu erkennen, bei der es sich um einen Ring von Steinzellen handelt. Die Schnittdroge ist gekennzeichnet durch faserige Rindenstücke, deren Außen- und Innenseite die oben beschriebenen Merkmale aufweisen.

Geruch und Geschmack: Sehr schwacher Geruch und bitterer, zusammenziehender Geschmack.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Virginische Zaubernussrinde, Wünschelrutenrinde, Zauberhaselrinde, Zauberstrauchrinde. Englisch: Hamamelis Bark, tobacco wood, Witch Hazel Bark. Lateinisch: Cortex Hamamelidis.

Herkunft: USA, Kanada, Anbaugebiete Europas.

Inhaltsstoffe: Gerbstoffe: Gehalt 8 bis 12 %. Es dominieren die Gallotannine (Hamamelitannine), die zum überwiegenden Teil Ester von Gallussäure und Hamamelose (= 2-C-Hydroxymethyl-D-ribose) sind. Hauptkomponente ist das Hamamelitannin. Neben den Gallotanninen auch geringe Mengen an Catechinen. Weitere Inhaltsstoffe: Geringe Mengen an Flavonoiden und etwa 0,1 % ätherisches Öl.

Wirkungen: Adstringierend, entzündungshemmend, lokal hämostyptisch. Für Hamamelitannin wurde ferner eine antioxidative Wirkung beschrieben, durch die einem Altern der Haut vorgebeugt werden kann.

Anwendungsgebiete: Leichte Hautverletzungen, lokale Entzündungen der Haut- und Schleimhäute, Hämorrhoiden und Krampfaderbeschwerden.

Volkstümliche Anwendungsgebiete: Zur Unterstützung der Therapie akuter, unspezifischer Durchfallerkrankungen, bei Menstruationsbeschwerden sowie bei Beschwerden in der Menopause. Wirksamkeitsnachweise für die genannten Indikationen sind nicht vorhanden. Infolge des Gehalts an Gerbstoffen erscheint die Wirksamkeit bei der Behandlung der Durchfallerkrankungen plausibel.

Gegenanzeigen: Keine bekannt.

Unerwünschte Wirkungen: Keine bekannt.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Die Anwendung geschieht insbesondere in Form von Salben, Cremes, Zäpfchen, flüssigen Zubereitungen und Hamameliswasser (auf unterschiedlichem Wege hergestellte Zubereitung, bei der als ein Teilschritt eine Destillation bzw. Wasserdampfdestillation erfolgt und das Destillat abschließend mit einer bestimmten Menge Ethanol versetzt wird). Möglich ist ferner die Anwendung selbst hergestellter Abkochungen. Für äußerlich anzuwendende Umschläge und Spülungen werden 5 bis 10 g Droge mit einer Tasse (ca. 250 mL) heißem Wasser übergossen. Bei Zahnfleisch- und Mundschleimhautentzündungen ist mehrmals täglich mit einem Dekokt zu spülen, welches aus 2 bis 3 g fein geschnittener, mit kaltem Wasser angesetzter und 10 bis 15 Minuten lang gekochter Droge hergestellt wird. Bei Durchfallerkrankungen von dieser Abkochung 3x täglich eine Tasse trinken.

Sonstige Verwendung: In der Kosmetik dienen Extrakte u. a. als Zusatz bei der Herstellung von Gesichtswässern, Pre- und After-shaves, Hautnährcremes und Deocremes eingesetzt.


Bilder:

Infolge seiner Blütezeit im Herbst bzw. Frühwinter ist Hamamelis eine durchaus ungewöhnliche Pflanze. Die deutschen Namen "Hexenhasel" und "Zaubernuss" sind wahrscheinlich dennoch Fehldeutungen des originalen englischen Namens "witch hazel", der sich auf die Ähnlichkeit zu Ulmus montana = "witchelm" bezieht und somit nicht von "witch" = "Hexe" abgeleitet ist. Die unten auf ungleicher Höhe endenden Hälften der  Blattspreite (s. Abbildung rechts oben) erinnern auch an Ulmen, denn die Ulmengewächse werden auf deutsch gleichfalls als Schiefblattgewächse bezeichnet. Hamamelis an sich ist meist ein stattlicher Strauch bis kleiner Baum, der im Durchschnitt bis 3 hoch ist und dessen Stamm immerhin bis 40 cm dick werden kann (s. Abbildung links oben). Die Äste sind dicht mit Lentizellen besetzt, so dass sie hell punktiert erscheinen (s. Abbildung links unten). Die Hamamelis-Arten besitzen unverwechselbare Blüten mit langen, nahezu fadenförmigen gelben Kronblättern (s. Abbildung rechts unten und Abbildungen in der Monographie der Familie Hamamelidaceae). Gleichfalls typisch sind die ein wenig an Haselnüsse erinnernden Früchte ("witch hazel" = "Hexenhasel" oder besser "Ulmenhasel"), die zur Fruchtreife so heftig aufspringen, dass die Samen bis 4 m weit geschleudert werden.


Literatur: Deutscher Arzneimittelcodex (DAC) 2004; Hager-ROM 2003, Springer-Verlag; Hänsel R, Sticher O, Steinegger E, Pharmakognosie - Phytopharmazie, Springer Verlag, Berlin Heidelberg 1999; Marzell H, Wörterbuch der Deutschen Pflanzennamen, Verlag S. Hirzel, Leipzig 1943; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 154 vom 21.08.1985 (Berichtigung vom 13.03.1990); USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN) [Online Database]; Wichtl M (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2002.


© Thomas Schöpke